heute konnte ich einen kurze Beobachtungsabend im Garten verbringen. Auf dem Vogelsberg (ITV) hatte ich die Gelegenheit eine zeitlang mit dem neuen Bresser Kometensucher den Himmel zu durchstreifen. Es handelt sich dabei um einen kurzen Vierzöller, 102/460mm, der lt. Hersteller eine ED Linse haben soll. Trotzdem aber ist es nur ein Achromat, keinesfalls ein (Halb-)Apochromat. Das ist bei einem Öffnungsverhältnis von f/4.5 auch nicht zu erwarten. Um es kurz vorweg zu nehmen, ich hatte sehr viel Spaß damit auf dem Berge der Vögel, der, wie immer zu dieser Jahreszeit, voller schräger Vögel war, mit und ohne Teleskopen.
Nachdem nun mein Gehirn gewaschen war bestellte ich mir ein Exemplar, welches gestern geliefert wurde. Es gibt als separates Zubehörteil (€75) eine 1:10 Mikrofokussierung dazu, die ich nach den Erfahrungen auf dem Vogelsberg gleich mitbestellte. Die Montage war einfach und dauerte nur 5 Minuten, der Feintrieb ist sehr schön aus Metall und macht schon durch sein Gewicht einen vertrauenerweckenden Eindruck.
Bevor ich zu den Beobachtungen komme möchte ich darüber reden, wie billig oder teuer das Ding für den Käufer werden kann. Hat man eine Montierung, anständige Weitwinkelokulare, einen 2" Zenithspiegel, zumindest zwei 2" Nebelfilter (Breitband, Schmalband, evtl. mehr) bereits zur Hand, stellt der Refraktor eigentlich nur noch ein billiges (€259+€75) Zubehörteil für einen erheblich teureren Okular- und Zubehörsatz dar.
Muß man aber alle diese Zusatzteile noch beschaffen, so ist von einem Billigfernrohr keine Rede mehr! Zu den nicht sehr hohen Kosten für das Teleskop selber kommen dann locker noch einmal €1000+ dazu! (Montierung, 4 Okulare mit 82° Gesichtsfeld (zB. SkyWatcher Nirvana 28/16/7/4mm), 2-4 Nebelfilter, 2" Zenithspiegel). Dies sollte man bei einer eventuellen Beschaffung überlegen! Und ein Betrieb mit Billigokularen mit wenig Gesichtsfeld macht bei einem Weitwinkelteleskop mit f/4.5 gar keinen Sinn, weder von der Abbildung noch vom Gesichtsfeld her, und bringt nur Frust.
Jetzt aber zu meinen heutigen Beobachtungen:
Auf einer azimuthalen Porta-Montierung von Vixen war das Gerät wackelfrei zu benutzen, die Feintriebe in Az/El sind bei höheren Vergrößerungen recht hilfreich. Die längste (für mich, altersbedingt) sinnvolle Okularbrennweite ist das Nirvana-Okular mit f=28mm. Das ergibt eine Vergrößerung von 16.4 und eine Austrittspupille von 6.2mm - mehr bringt mein Auge nicht mehr. Die Abbildung läßt über das wahre Gesichtsfeld von in diesem Falle 5° die Bildfeldwölbung erkennen, in den Aussenbereichen muß man ein wenig nachfokussieren. Das 28mm Okular ist dann aber nahezu randscharf. Die leichte Unschärfe fällt beim Scannen des Himmels nicht direkt auf, nur wenn man sich auf ein Objekt am Bildfeldrand wirklich bewußt konzentriert ist das Nachfokussieren nötig.
Als erstes besuchte ich den Jupiter. Mir ist bewußt, daß das eine Art Werkzeugmißbrauch ist, aber ich wollte sehen, was mich erwartet. Das Teleskop ist keinesfalls für Mond- und Planetenbeobachtung gedacht, es ist ein RFT, oder, wie man früher sagte, ein Kometensucher. Schon Fraunhofer und Lichtenknecker bauten solche Teleskope und niemand beschwerte sich darüber, im Gegensatz zu heutigen Beobachtern. Also, was erwartet den wackeren Planetenbeoachter mit dem kurzen Refraktor? Ein schönes, scharf begrenztes Planetenscheibchen bei V=98x mit einem Meade UWA 4.7mm Okular (Serie 4000). Ein Jupiter, der von einem schmalen, deutlich rötlich gefärbten Ring umgeben ist. Die Monde und Nachbarsterne sind nadelfeine Punkte, aber spätestens hier ist man froh, wenn man die Feinfokussierung erworben hat! Auf der Scheibe des Jupiter waren etliche Wolkenbänder und Zonen zu sehen, weit mehr, als ich erwartet hatte - Kometensucher hin oder her. Jetzt wollte ich es wissen und steckte eine Intes 2.4x Barlowlinse dazu. Immer noch zeigte der Jupiter seine Bänder und Zonen, aber nicht mehr so kontrastreich und schön wie zuvor. Über dem ganzen Planetenscheibchen lag ein Hauch roter Farbe. Spätestens jetzt kann man von Werkzeugmißbrauch reden - es bringt nichts.
Dann visierte ich Polaris an und schaute nach dem Beugungsscheibchen. Man sah im Fokus einen hellen Punkt und darum einen Beugungsring und einen schwächeren zweiten. Die Luftunruhe ließ keine sichere Beurteilung zu, die leicht defokusierten Scheibchen waren nicht gleich. Aber das muß ich tagsüber an meinem künstlichen Stern genauer untersuchen.
Nun waren Epsilon 1/2 Lyrae fällig. Mit dem 28mm Okular waren sie länglich. Ein Wechsel zum 4.7mm Okular (V=98x) zeigte beide Sterne deutlich als Doppelsterne, mit ausreichend Spalt dazwischen (etwa eine 'Sterndicke'). Und schön nadelfein ware sie, die 4 Epsilon Brothers.
SkySafari zeigte mir einen Kometen (C/2015 V2 - Johnson) an, etwas südlich von Arkturus. Den habe ich aber (Kleinstadthimmel) nicht gefunden, obwohl er 6.7 mag hat. Vielleicht war er aber auch nur zu klein bei 16-facher Vergrößerung.
Ein Streifzug durch die Sommermilchstraße war nett, aber kein Vergleich zu den Beobachtungen auf dem Vogelsberg bei gleichen Gerätschaften. Dark Sky rules!
Und wer photographische Ambitionen mit dem Kometensucher befriedigen möchte: Kann man machen, muß man aber nicht. Tommy Nawratil hat einige diesbezügliche Experimente vorgenommen und hier beschrieben.
Ich hatte versucht eine TS ED Barlowlinse in 2" Ausführung zu nutzen, sowohl vor wie auch hinter dem Zenithspiegel. Das scheiterte, da nicht genügend Backfokus vorhanden ist. Der 2.5" HexaFok Okularauszug ist aus Metall und mit Zahntrieb versehen. Er hat ein leichtes image shifting wenn man die Fokussierrichtung wechselt. Vielleicht kann man das ausjustieren.
Mein Fazit: Wer ein anderes Teleskop zur Mond- und Planetenbeobachtung besitzt wird mit dem Bresser 102/460mm ein preiswertes Zusatzgerät für DeepSky Zwecke bekommen. Als einziges Teleskop (Allrounder) ist er aber nur sehr bedingt geeignet, zB. auf Reisen mit Platzbeschränkungen. Dann ist auch der Kometensucher immer noch um Klassen besser wie gar kein Fernrohr.
Meiner Meinung nach wäre das Gerät auch gut geeignet als Zusatzgerät für öffentliche Führungen bei uns, zusätzlich zum C11. Dann können wir sowohl Shallow Sky wie auch Deep Sky Beobachtungen mit jeweils dafür geeigneten Geräten abdecken. Der Preis von €259 + € 75 ist sicherlich aufzubringen, Okulare und Filter sind ja bereits vorhanden.
Grüße, Coyote
Reverend_Coyote
hat folgende Bilder an diesen Beitrag angehängt
Martin Miller und ich haben gestern Nacht die monochrome Atik-Kamera an diesem Kometensucher angebracht. Resultate: Ohne Filter ist das Ding photographisch so unbrauchbar, wie man es mit Fug und Recht erwarten darf. ABER: Mit einem H-alpha Schmalbandfilter (7nm) war die Abbildung auf der 12mm Diagonale der Atik-Kamera einwandfrei, nadelfeine Sternle mit einem ganz leichten Hauch von Bildfeldwölbung.
Vielleicht stellt Martin einige Bilder hier ein?
Grüße, Coyote
Es schaute mich an - und ich schaute Es an. Und errötend wich Es zurück - das Universum.
Heute kam ich dazu, die Bilder vom 19. Juni, die wir mit dem AR120 aufgenommen hatten, nochmals zu bearbeiten. Hier sind die Ergebnisse: einmal der Ringnebel ohne Filter. Die Sternscheiben sind durch chromatische Aberration deutlich ausgedehnt, dann den Ringnebel mit H-Alpha-Filter. Das monochromatische Bild zeigt sehr kleine Lichtpunkte. Natürlich sind nun die Sterne wesentlich lichtschwächer, die Helligkeit des Nebels ist aber geblieben. Das Bild liefert bis in die Ecken des Gesichtsfeldes eine scharfe Abbildung. Als 3. Bild noch eine H-Alpha-Aufnahme des Pickering-Dreiecks im Zirrusnebel. Die Belichtungszeit war 432 Sekunden. MartinMiller
MartinMiller
hat folgende Bilder an diesen Beitrag angehängt